Die Wirtshauskultur darf nicht sterben!

 

Es wirkt heute fast wie pure Nostalgie, dass das Wirtshaus mal eine regelrechte Institution und aus keinem Dorf wegzudenken war. Hier gab es Frühschoppen und Kirchweih, Vereinsbälle und Gartenfeste, und es wurde auch Politik gemacht. Hier traf man sich bei einer gemütlichen Einkehr und für die Diskussion am Stammtisch. Das Wirtshaus war die Heimat der Vereine, Stätte für das gesellschaftliche Leben und die Brauchtumspflege.

Aber heute gehen in den Wirtshäusern, aber auch in anderen Gastronomiebetrieben zunehmend die Lichter aus. Dies ist kein neues Phänomen, seit Jahren zeichnet sich ein Wirtshaussterben auch in Niederbayern ab. So ging im Landkreis Passau allein von 2009 bis 2015 die Zahl der Schankwirtschaften um 16% zurück. Die Liste geschlossener und verschwundener Schankwirtschaften ist lang, auch in der Marktgemeinde Fürstenzell. Den älteren Bürgern sind Namen wie „Mayer-Wirt“, „Simmerl“ oder das Wirtshaus in Aspertsham noch ein Begriff, vor ein paar Jahren schloss das Gasthaus Schuhwerk in Irsham seine Pforten. Oder im Umkreis von Jägerwirth die Wirtshäuser in Peslöd, in Voglarn, der Siglwirt oder der Zieringer-Wirt in Rehschaln – gute alte Zeit!

 

Gründe für das Wirtshaussterben

Viele sagen dazu, ein Hauptgrund sei der Wandel der Gesellschaft. Sowohl das berufliche wie soziale Umfeld der Menschen habe sich stark gewandelt. Anstatt sich wie früher im Wirtshaus zu verabreden, läuft Kommunikation heute vor allem online ab. In der jungen Generation haben Wirtshäuser an Attraktivität eingebüßt. Man trinkt lieber Longdrinks in hippen Bars, als eine Halbe Bier im urigen Wirtshaus. Dazu kommt, dass sich Vereinsmitglieder oft in ihre Vereinsheime zurückziehen. In wie weit das Rauchverbot das Schrumpfen der Besucherzahlen beschleunigt hat, ist schwer zu sagen. Die Gründe für das Wirtshaussterben liegen aber nicht nur bei den Konsumenten, sondern auch bei den Wirten selbst. Auch hier sind die Ursachen sind vielfältiger Natur: Fehlende Nachfolger und damit einhergehende mangelnde Investitionsbereitschaft, aber auch schwer zu findendes Personal sind heute Realität, auch der Wunsch von Wirtsleuten nach mehr Freizeit am Wochenende stellt heute einen höheren Wert dar als früher – genauso wie nach einem sicheren Beruf. Hinzu kommen immense Bürokratie und gesetzliches Regelwerk, von Allergen-Ausweisungen bis hin zu Lebensmittel- und Brandschutzvorschriften, die nach Meinung vieler Gastronomen aus ihrem Betrieb eine Schreibstube machen, und die Entscheidung, ein Wirtshaus für immer zu schließen, einfacher machen.

Corona als zusätzliches Problem

Und nun noch Corona als zusätzlicher Mühlstein, wo doch  viele Wirtshäuser ohnehin in ihrem Bestand bedroht waren. Und dann? Folgt auf die vorübergehende Schließung durch die Lockdowns nun die endgültige Schließung? Einige Folgen sind bereits jetzt zu spüren, andere werden eventuell noch kommen. Fakt ist: Mehrere Wirte mussten Getränke und Vorräte vernichten. Einnahmen von Vereinsversammlungen, Stammtischabenden und Familienfeiern sind weggebrochen, Fixkosten wie Versicherungen und Energie liefen weiter, staatliche Überbrückungshilfen konnten die Verluste nur teilweise abmildern – wenn sie überhaupt geflossen sind.

Wie können Wirtshäuser überleben?

Ob die Gäste nach mehreren Lockdowns wieder zurückkommen? Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Leute an das Konsumieren in den eigenen vier Wänden gewöhnt haben oder freizeitmäßig anderen Interessen nachgehen. Vorausgesetzt, man sieht ein Dorfwirtshaus als wertvolles Stück Kultur, als Ort der Geselligkeit und Brauchtumpflege, als wichtiges Zentrum der Dorfgemeinschaft, die es zu erhalten gilt und sie zu beschwören mehr als nur ein Lippenbekenntnis ist, dann lässt sich dreierlei sagen: Sicher ist der Ruf nach staatlichen Förderprogrammen sinnvoll, um die finanziellen und personellen Rahmenbedingungen zu verbessern. Sicher ist dabei auch eine Unterstützung der Wirte sinnvoll, sich außerhalb der Traditionen was neues, pfiffiges, einzigartiges einfallen zu lassen, Mut zu zeigen, um die Kundschaft wieder ins Wirtshaus zu locken. Ganz sicher ist jedoch, dass Wirtshäuser nur funktionieren, wenn die Leute auch hingehen und damit zeigen, dass sie das Wirtshaus erhalten wollen. Oder zumindest das Angebot von Essen-to-go nutzen.

Auch die Kommunalpolitik kann helfen

Auch die Kommunalpolitik kann durchaus einen Beitrag zu leisten – und tut sie auch. Die Marktgemeinde zum Beispiel hält die meisten ihrer Veranstaltungen in den örtlichen Gastronomiebetrieben ab, unter anderem Bürgerversammlungen oder auch das Jahresessen für Mitarbeiter und Ehrenamtliche. In Pandemiezeiten behilft sich die Gemeinde damit, Gutscheinen an ihre Gäste auszugeben, die in ausgewählten Wirtshäusern eingelöst werden können. Auch die Parteien und Gruppierungen sind bemüht, Leute in die Wirtshäuser zu locken, nicht nur im Wahlkampf. Die BU/CWG veranstaltet zum Beispiel jedes Jahr ein Schafkopfturnier und einen kommunalpolitischen Aschermittwoch oder hält ihre Vorstandschaftssitzungen in immer wechselnden Lokalen ab. Andere Parteien und Gruppierungen machen Starkbierfeste oder einen Maibockanstich. Das macht sicher das Kraut auch nicht fett, ist aber immer noch viel besser als nichts zu tun. Um es aber deutlich zu sagen: Wenn der Erhalt dieser Gaststätten und Lokale gewollt wird, müssen alle mitziehen: Vereine, andere Gruppierungen und Gremien, Familien, aber auch jeder Einzelne!

Das A und O scheint aber wohl auch zu sein: Das Angebot der Wirtshäuser und Nachfrage der heutigen Gäste muss zusammenpassen, dann haben Wirtshäuser wahrscheinlich eine bessere Chance zu überleben. Gute Ideen und gleichbleibend hohe Qualität sind also gefragt, noch dazu in Pandemiezeiten, leicht ist das gewiss nicht. Aber sonst heißt es in noch mehr Gastbetrieben: „Und der Letzte macht das Licht aus!“.

 

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Aktualisiert am: 18.04.2024